Beatles: In My Life | Song-Factsheet

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Song «In My Life» von Beatles.

Fakten

Veröffentlichungsdaten: 1965 12 03 (Album)
Label: Parlophone PCS 3075
Songwriter Lennon-McCartney
Produktion: George Martin
Genre: Pop - Progressivepop - Baroquepop

Annotationen

In My Life sei das erste Lied gewesen, sagte John Lennon im Playboy Interview von 1980 (siehe Musikzimmer), das er ganz bewusst über das eigene Leben geschrieben habe. Von den Lyrics her ist In My Life also ein früher Rock-Song, der das Feld der Beat-Lyrics mit ihren «Let's Dance» und «I Love You» Themen verlässt. Hier also beginnt der Einfluss von Bob Dylan auf die Beatles Gestalt anzunehmen. Hier werden Beat und Brill Building Pop zu (Pop-)Rock! Musikgeschichte, ick hör dir trapsen ...
In My Life ist ein Lied über die Erinnerung, wie Jens Buchholz von der FAZ schreibt. Eine Reflexion über das eigene Leben (als Pop Star) und dass Leute und Orte prägend dafür sind, wer man ist. Der Song sagt aus, dass ein Star trotz dem gigantischen Erfolg, dem ihm zuteil wird, im Kern die Person ist und bleibt, die auf dem Boden ihrer Lebens-Erfahrung steht. Das heisst nicht, dass der Erfolg keinen Einfluss auf die Persönlichkeit hat: Der Erfolg bringt den Star mit anderen Leuten zusammen, er bringt ihn an andere Orte und beeinflusst so das Leben des Stars. Es sind aber nicht Ruhm, Erfolg und Geld, die diesen Einfluss haben. – Ein Nebengedanke: Obwohl alle vier Beatles aus armen oder bescheidenen Verhältnissen kamen, haben sie ganz anders auf den Erfolg reagiert als, sagen wir, amerikanische Rapper/-innen der Gegenwart. Bei der Erinnerungsgeste der Beatles ist eher englisches Understatement, bei vielen Rapper/-innen das Braggadocio am Werk.
Die Lyrics von In My Life sind persönlich, denn es gibt einen Ich-Erzähler. Zugleich sind sie aber sehr allgemein gehalten. Das Lyrische Ich erinnert Orte, Dinge, Menschen, Beziehungen und nennt mit der «Affektion», der Zuneigung, die Art der Beziehung zwischen ihm, dem Erzähler, und den Dingen, Menschen, Orten. Die Persistenz dieser Zuneigung ist das, was die Erinnerung ausmacht (und damit natürlich ihre mögliche Verzerrung). Die Zuneigung bleibt, auch wenn die Orte und Dinge nicht mehr existieren oder sich verändert haben. Sie bleibt, auch wenn die Leute verstorben sind. Das hört sich fast wie eine Zusammenfassung der Existenzphilosphie jener Zeit an, nicht wahr? Und genau dieses Amalgam zwischen persönlicher Erzählung und Allgemeinheit des Erzählten macht diesen Song aus und macht ihn zum exemplarischen Scharnier im Bandkatalog und in der Popgeschichte an der Epochenschwelle zwischen Rock'n'Roll und Rock, zwischen Teenpop/Brill-Building-Pop und Poprock. Brill-Building-Pop war noch geprägt vom klassischen Songwriting des Great American Songbooks. Die Songs wurden so allgemein geschrieben, dass sie in verschiedenen Medien wie Musical, Film und Platten funktionierten und dass sie ohne grosse Anpassungen von Frauen und Männern gesungen werden konnten. Der Erzähler in dieser Musik sprach wie aus dem Off - es war eine reine Stimme ohne einen Körper ohne Geschichte. Die neue Rockmusik hingegen war Musik mit einem Lyrischen ich als Erzähler. Dieser Erzähler war oder wurde nun zusehends ein leibhafter Erzähler. Seinen Leib und seine Geschichte erhielt die Rockstimme durch die Biografie der Sängerin oder des Sängers. Die neuen Rock-Stimmen waren authentische Stimmen, d.h. sie erzählten historisch Konkretes und Relevantes, sie erzählten von Dingen, die sie erlebten und die mit dem Publikum korrespondierten.
Wenn man den Song auf Youtube streamt, kriegt man oft das Pseudo-Video zu sehen, das meines Wissens der Anthologie entnommen ist. Es besteht aus zusammen geschnittenen Bildern von Liverpool und den vier Beatles als jungen Männern am Anfang ihrer Karriere und an deren Ende. Hier wird der Song durch die Bilder biografisch interpretiert, das allgemein Gehaltene an ihm wird mit konkreten Orten und Personen aus dem Leben der Beatles gefüllt. Durch diese «Bio-Pictures» wird der Song zum Rock-Song gemacht, der er im Grunde noch nicht ganz ist.
Das Orgel-Solo von George Martin wurde mit half-speed overdubbing aufgenommen. Er spielte dabei das Solo eine Oktave tiefer und nahm es mit halber Geschwindigkeit auf. Wenn das Band dann mit doppelter Geschwindigkeit abgespielt wird, klingt die Hammondorgel mehr nach einem Cembalo.

Personen und Querverweise


Beatles
Lennon-McCartney
George Martin

Lyrics

[Verse 1] There are places I'll remember All my life though some have changed Some forever not for better Some have gone and some remain All these places had their moments With lovers and friends I still can recall Some are dead and some are living In my life I've loved them all [Verse 2] But of all these friends and lovers There is no one compares with you And these memories lose their meaning When I think of love as something new Though I know I'll never lose affection For people and things that went before I know I'll often stop and think about them In my life I love you more [Piano Solo] [Verse 3] Though I know I'll never lose affection For people and things that went before I know I'll often stop and think about them In my life I love you more [Outro] In my life I love you more