Musikzimmer Blog Post: Laura Nyro

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Laura Nyro

Laura Nyro wurde 1947 in der Bronx als Laura Nigro geboren. Ihr Grossvater väterlicherseits war Italiener die Matrilinie jüdisch. Ihr Vater war Jazz-Trompeter. Sie und ihr Bruder wurden beide Musiker. Als Kind brachte sie sich selbst das Klavier spielen bei und mit acht Jahren begann sie eigene Song zu komponieren.
In der Zeit, als sie die High School of Music & Art in der Bronx besuchte, sang sie regelmässig mit Freunden an Strassenecken und in U-Bahn-Stationen. Das war zur Zeit als DooWop-Vokalgruppen en vogue waren. 1966 konnte sie einen ihrer Songs für $5000 an das Folktrio Peter, Paul and Mary verkaufen. «And When I Die» klang sehr reif für eine 19-jährige. Der Chorus lautet: «Und wenn ich sterbe, wenn ich tot bin, wenn ich abgetreten bin, wird ein Kind geboren und eine Welt wird sich weiter dreh'n».
Laura Nyro sang sehr emotional. Bei ihr klingt ein Popsong wie ein Gospel Stück. Ein Nyro-Spiritual!
Sie brachte ihre ersten Alben zwei bis drei Jahre vor den ersten Singer-Songwritern heraus. Ich verstehe sie als eine Art Brill-Building Songwriterin, die ihre eigenen Songs aufnimmt – nicht unähnlich wie Carole King. Es waren Barbra Streisand oder die Band 5th Dimension, die ihre Lieder in die Hitparade brachten. Andererseits teilte sie mit den Singer-Songwritern die Affinität für Songs mit sozialem Engagement. Beeinflusst war sie von ihrer progressiven Mutter, die sich für den Weltfrieden und die Sache der Frauen engagierte.
Vielleicht war ihr Karriere-Start in dieser Übergangszeit und ihr Dasein zwischen den Genres der Grund dafür, dass sie von der Geschichte weitgehend vergessen wurde. Dabei waren Laura Nyro und Joni Mitchell ca. von 1969 bis 1972 die beiden Singer-Songwriterinnen, die den grössten Respekt unter den Fans dieser Musik hatten. Danach sprachen fast alle nur noch von Joni Mitchell während Laura Nyro vergessen ging. Die Musik der beiden Frauen ist denkbar unterschiedlich: Nyros ist ein sprühender Vulkan, komplex, tief und unergründlich, Mitchells ein Kristallhaus, rein, durchsichtig und preziös.
Ihr erstes Album More Than A New Discovery wurde mit Studiomusikern aufgenommen. Nyro durfte nicht einmal an den Flügel sitzen. Das war gängige Praxis. Die Plattenbosse behanelten sie wie eine Songwriterin und das Format der Singer-Songwriterin war damals noch nicht etabliert. Erst beim zweiten Album Eli and The Thirteenth Confession sass sie selber am Piano. «Eli» war eines ihrer zwei besten Alben. In den Worten von Peter Rocheleau, der eine Ausführliche Würdigung von Nyros Musik geschrieben hat, ist Eli «ein veritables Rock Album, ein Jazz-Album. Man kann die Musik als Dixieland hören, mit einem Beigeschmack von Curtis Mayfield und den Impressions. Einige der Songs vermitteln das Gefühl von Broadway [...] - Rodgers und Hammerstein, nur Hipper. [...] Das Album enthält eine große Palette an Klängen, Vokalharmonien, so dass Sie für einen Moment denken, sie seien im Himmel. Die Songs sind außerordentlich gut gebaut. Zuweilen sind sie unheimlich: Suiten. Sie ändern Tempo, Rhythmus, Tonart, Farbe, Stimmung, Leidenschaftlichkeit und Lautstärke. Es gibt atemberaubende Stille und schwangere Pausen. Die Songs sind paradox: Sie sind experimentell und altmodisch zugleich.» (Rocheleau ,Peter, ass. Fran Eisner, The Divine Miss N. LAURA NYRO. Pet. Comp.)
Nyro trat am Monterey Pop Festival auf, wo sie David Geffen sah, der sich sofort um sie bemühte. Geffen war auch Manager von Joni Mitchell, Linda Ronstadt und den Eagles, die aus der Tourgruppe von Ronstadt entstanden. Geffen gab seinen Künstlerinnen und Künstlern grösstmögliche Freiheiten und so nahm Laura Nyro das dritte und beste Album New York Tendaberry unter Eigenregie auf. Die 8-Spur-Tonbandtechnik der modernen Tonstudios erlaubten ihr, sich selbst gesanglich zu begleiten. «Tendaberry» klingt verglichen mit «Eli» aufgeräumter und moderner. Man kann das Album als Ursprung von und Einfluss auf Kate Bushs Musik hören.
Mit ihrer Vorgängerin Carole King verbindet sie, dass ihr grösster Hit ein Cover von «Up On The Roof» war.
Das Problem, das viele Hörerinnen und Hörer mit Laura Nyros Musik haben mögen, dürfte sein, dass sie schwer einzuordnen ist. Sie ist oft im Weder-Noch oder im Sowohl-als-auch zu finden. Jüdisch und Italienisch. Begabt-schräg. Musikalisch auch: Singer-Songwriter heisst ja stilistisch nichts. Singer-Songwriterinnen können Folk, Blues, Rock, Soul, Pop sein. Nyro lässt sich stilistsich sehr wenig festmachen und es ist zu vermuten, dass es ihr so recht war. Sie scheint sich zeitlebens den Kategorisierungen entzogen zu haben. So stark, dass Freunde oder Manager sie als Mensch schwierig fanden. Als sie zum Beispiel die New Yorker Malerin Maria Desiderio kennen lernte und mit ihr zusammen lebte, sagte sie nicht von sich, sie sei bisexuell oder lesbisch. Sie mied jede Etikettierung und liess sich nicht vereinnahmen, nicht durch die Musikindustrie, nicht durch die Frauenbewegung. Über ihre Beziehung mit Desiderio sagte sie lediglich, sie habe einen seelenverwandten Menschen gefunden und dass sie glücklich darüber sei. – Wenn sie also mit so viel Freiheit umgehen können, dann ist Laura Nyro vielleicht etwas für Sie!
Laura Nyro starb 1997 an Krebs. 2012 wurde sie posthum in die Rock and Roll Hall of Fame eingeführt.

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